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Mehr Bus & Bahn? Nein Danke

Georg Dekas
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12. Juli 2023

Die Südtiroler Politik will den Autoverkehr um ein Viertel senken. Wie? Durch Umstieg auf Bahn und Bus. Nein Danke.

Den beweglichen, modernen Motorverkehr in Südtirol durch starre, limitierte und Sardinenbüchsen-ähnliche Beförderungssysteme wie Bus oder Bahn ersetzen zu wollen, ist ganz und gar unrealistisch und wäre ein utopisch kühner Rückschritt um 150 Jahre. Eine Regierung, die das großartig will, hat entweder zu viel Geld,  oder weiß nicht, was das heißt, oder hat vor, mit gesetzlichen Verboten die Freiheit zu rauben.

Gerade in diesen Sommerwochen kochen die Gemüter über, weil alles unterwegs ist, und die modernen Verkehrssysteme an ihre Grenzen stoßen. Da ist der Baustau auf der Mebo, das irre Karussell der Passfahrer, die mit Radlern überfüllten Züge, die Busse, die entweder zu voll sind oder nicht kommen, wenn man sie braucht. In den Zeitungen wird ordentlich Wind gemacht: Da beklagt ein Kolumnist den Touristen-Verkehr auf der Passeirer-Straße, vergisst aber, dass er selber im Auto unterwegs ist und somit zur Meute gehört. Da zeigt eine Kolumnistin große Geduld bei ihrer täglichen Zugfahrt, vermag aber trotz ihrer  Zuversicht nicht zu überzeugen, dass der Eisenbahn-Zug das richtige Vehikel in die Zukunft ist. Und das Portal «Südtirol News» stellt gar die Alfreider-Challenge zum Besten: Seid ihr bereit, umzusteigen, vom Auto auf Bahn & Bus? Eine Lawine von Kommentare dagegen. Mit viel Erfahrungsleid zwischen den Zeilen.

Wundern muss das nicht. Die motorisierte, individuelle Fortbewegung ist eine der größten technischen und kulturellen Errungenschaften, die es gibt. Unzählig sind die Mittel – vom Stromrad über den PKW bis zum Privatjet – unanfechtbar sind die Vorteile, unvergleichlich das Vergnügen. Es ist nur eine kleine Übertreibung zu sagen, dass sie der Kern der westlichen Zivilisation ist. Es mögen die Antriebe und die Gefährte wechseln, aber die individuelle Freiheit des Verkehrs wird unverrückbar bestehen bleiben, solange der Laden nicht komplett absäuft. Umgekehrt sind alle Versuche, das Rad des technologischen Fortschritts zurückzudrehen (Etikett «nachhaltig»), zum Scheitern verurteilt. Und wenn sie dennoch gelingen, dann bürden sie der Allgemeinheit unsägliche Kosten auf.

Gebundene Systeme wie Bahn und Bus, die nach Zeit, Ort und Fassungsvermögen begrenzt sind, können nur innerhalb gewisser Bedingungen ihre Vorteile ausspielen. Als U-Bahnen in Ballungszentren etwa, oder als Schnellverbindungen zwischen Metropolen, oder als (Schwebe-) Bahnen im extremen Hochgebirge. In den meisten Anwendungsbereichen sind sie Relikte aus der Zeit vor dem Individualverkehr, der etwa vor 100 Jahren, um 1920, so richtig in Fahrt kam. Zu diesen Relikten gehören mastodontisch große Autobusse, die zwischen Drei-Seelen-Dörfern verkehren, wie überhaupt im ländlichen Raum, aber genauso in verstopften Innenstädten. Zu den Relikten der Vergangenheit gehören Eisenbahnen wie die Bozen-Meran, die hoffnungslos hinter dem freien Individualverkehr dahin stottern. Das bedeutet nicht, dass diese Linien abgerüstet gehören, aber sie aufrüsten mit dem Ziel, ein Viertel der Leistungen des freien Individualverkehrs zu übernehmen, das grenzt schon an Rosstäuschung.

Wie ich schon Gelegenheit hatte zu schreiben (siehe ‚Matatu please‘), sollte das Autobus-System vollkommen umgestaltet werden in kleine, wendige, von Privaten (z.B. Rentnern) geführte Fahrzeuge, deren Ströme und Frequenzen mittels Smartphone und KI bedarfsgenau gesteuert werden.

Ebenso sollte die lokale Eisenbahn upgedatet werden. Wenn sie schon in Punkto Schnelligkeit, Versatilität und Zielgenauigkeit unterlegen ist und bleibt, dann sollte sie auf Luxus und Komfort setzen. Heute ist die (Eisen-) Bahn in unseren Gefilden ein Paria-Verkehrsmittel. Die vielen Kommentare, die Füße auf den Sitzen ansprechen, geben Zeugnis.

Luxus und Komfort: Dazu sind Schaffner unabdingbar, aber auch Erste-Klasse-Waggons mit Büro-Ambiente und Service. Dann wird eine Stunde Reisezeit mit der Bahn zum Ausweis eines Privilegs. Die Renaissance der Eisenbahn wird einsetzen, wenn ein Hauch von Orient-Express sie umhüllt und die Snobs und Trendsetters es angesagt sein lassen, ein Bahn-Abo zu haben. Ich weiß, dass mich jetzt gewisse Klugscheißer auslachen, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Des Pudels Kern berühren solche Neuerungen ebensowenig wie die vom Land forcierten Mega-Investitionen in Bus, Bahn und Standseilbahn. Die Reduktion des motorisierten Massenverkehrs wird nämlich von alleine erfolgen, nämlich dann, wenn es den Verkehrsteilnehmern selber zu viel wird. Oder wenn die Treibstoffpreise über Nacht ums Doppelte steigen, nur als Beispiel.

Wenn diese Dinge eintreten, wird es ganz schnell eine Myriade von privaten Innovationen geben, um dennoch frei und vergnügsam durch die Lande fahren zu können – bei Tag und in der Nacht – ganz, wie es jedem gefällt. Da gibt es dann digital gesteuerte Slots, Drohnen sowieso, Flüstermotoren, Lufttaxis, abgasfreie Antriebe, digital regulierte Mitfahrbörsen, erschwingliche und wendige Mini-Bus-Dienste, alles was du willst. Und alles ohne Landesbeihilfen.

Dagegen nehmen sich die mit Milliarden von Steuergeldern alimentierten Großvorhaben, die zurzeit in der Planung sind, wie künstlich ins Leben zurück geholte Dinosaurier aus. Die außer einigen ehrgeizigen Politikern und gierigen Financiers niemanden nützen.


Beachte diese Zahlen zu Südtirol!

ASTAT Info 44/22 Graf 1 S.2 – „Wie oft benutzen Sie die folgenden Verkehrsmittel?“ 2021/22 (Pers. 14-80)

«Nie» Auto fahren 9%

«Nie» Zug fahren 55%

«Nie» Stadtbus fahren 55%

«Nie» Landbus fahren 64%

Also: Fast niemand kann ohne Auto, aber satt mehr als die Hälfte kann ganz ohne Zug oder Bus. Das politische Ziel, ein Viertel der Autonutzer auf Bus und Bahn zu drücken, erscheint angesichts dieser Lage erst recht völlig illusorisch.

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