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DIE AFD UND DER WOLF

Georg Dekas
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24. Januar 2024

BILD-Guru Prof. M. Wolffsohn verteufelt die AfD mit fiesen Tricks.

Professor Michael Wolffsohn (MW), darf bei BILD die Linie vorgeben. Seine „Abrechnung“ mit der AfD [HIER] beruht ganz auf der fixen Idee, Russland sei eine tödliche Gefahr. Der russische Wolf warte nur darauf, bis Rotkäppchen Deutschland sich vom Schutz des Jägers USA lossage, um es mit Haut und Haar, Korb und Kuchen zu verschlingen. Mit diesem Axiom (nicht weiter zu begründende Voraussetzung) macht MW die AfD fertig. Warum? Weil diese Partei die Meinung von Millionen Europäern vertritt, die mit Russland handelsüblich und freundschaftlich verkehren und sich nicht zum Bauernopfer für die Supermacht USA hergeben wollen. Interessant ist das für BILD-Verhältnisse sehr lange Stück auch wegen seiner propagandistischen Untergriffe. Hier die inhaltliche und semantische Kritik. (BILD-Zitate grau, Eigentext rot und kursiv).

 Angstschlüsselwort schon in der Überschrift:

„Top-Historiker rechnet ab – AfD ist existenzbedrohend – Gastkommentar von Michael Wolffsohn“ (BILD 22.01.2024, wie auch nachfolgende Zitate)

Erster Satz eine suggestive Scheinfrage:

„Ist die AfD, ist ihr Thüringen-Chef und Partei-Strippenzieher Björn Höcke „faschistisch“? […] die Belege [werden] auch bei Wählerumfragen immer dichter.“

Die rhetorische Frage zu Beginn hat die Aufgabe, im Indikativ verstanden zu werden: Ja, die AfD ist faschistisch. Stützen soll das der Trick mit dem Wort „Beleg“, das klingt bereits wie ein Nachweis. Aber: Wählerumfragen belegen nur Augenblicks-Meinungen. Das, was Meinungen meinen, muss nicht einmal exisitieren. Zudem wird Björn Höcke einerseits als „Strippenzieher“ abgewertet, andererseits suggeriert MW, er sei eine Art Mastermind. Die Chefs sind andere. Das nächste propagandistische Kunststück von MW besteht in einer geschickten Assoziation und Gedankenbrücke:

„Wahrlich nicht alle AfD-Wähler träumen nostalgisch oder hoffnungsvoll von Hitlers Reich. Mit oder ohne AfD: Die Riesenmehrheit der Deutschen will zum Glück weder den alten noch einen neuen Nazismus.“

 „Nicht alle“ bedeutet „aber viele“. Das Weitere eine malerisch ausgeführte Beschreibung von Dummies. Dann, durch scheinbare „Belege“ von Umfragen gestützt, die knallharte Definition der AfD: Sie ist der „neue Nazismus“.

Folgender Absatz ist ein Meisterstück der semantischen Täuschung.

„Traurig ist nur, dass nach dem Massenmord an Juden am 7. Oktober – wenn auch nicht durch Rechtsextremisten, sondern durch Islamisten – kaum jemand in Deutschland demonstrierte. Gegen rechtsextreme Antisemiten, aber nicht gegen islamistische Antisemiten zu sein, ist wenig glaubwürdig.“

Durch die Wahl des Ausdrucks „Massenmord an Juden“ (anstatt Massaker oder Gemetzel an Israelis, z.B.) stellt MW bewusst die Brücke zum Holocaust her. Daher werden im zweiten Satz AfD-Anhänger nahtlos zu „rechtsextremen Antisemiten“, auf derselben Stufe wie islamistische Antisemiten.

Jetzt merkt MW, dass er den Bogen überspannt und gibt sich in den folgenden drei Absätzen realistisch. So ganz nebenbei verteilt er eine Ampel- „Schuld“, setzt rechts mit rechtsextrem gleich und rückt die Wagenknecht schon einmal vorsorglich in die national-sozialistische Ecke. 

„Am Erfolg der AfD […] sind nicht zuletzt Vertreter der Ampel-Parteien Schuld.“ […] „das Brandmarken als rechts – und demzufolge rechtsextrem – haben zu einer Entwertung der Warnung […] führt und dass […] noch mehr Wähler zur AfD (und bald zur nationalistischen und sozialistischen Wagenknecht-Partei) strömen.“

In einer Auflistung skizziert MW die großen Probleme Deutschlands weitgehend objektiv. Seine ideologische Doktrin, die Bedrohung durch Russland, die ist schön darin verpackt.

„Die Hauptprobleme sind […] Massenmigration […] die Bedrohung Europas, auch Deutschlands, aus Russland, die Gefährdung von Wohlstand und Sozialstaat, der drohende Abstieg unserer lebenswichtigen Auto- und Chemieindustrien, der dramatische Mangel an Facharbeitern.“

MW zufolge könne die AfD alle diese Hauptprobleme nicht lösen. Um diese Behauptung zu untermauern, greift der „BILD-Weise“ auf eine Serie von rhetorischen Tricks zurück. Er spendet Lob, um dafür den Boden unter den Füßen wegzuziehen, etwa auf folgende Weise:  

„Das Rezept der AfD löst unsere Probleme nicht. Thema Facharbeiter. Die AfD gibt vor, ein Rezept zu haben: mehr Kinder von einheimischen Deutschen. Dafür seien viele kinder- und familienfreundliche Maßnahmen politisch zu programmieren. Im Prinzip völlig richtig und dringend notwendig, doch Augenwischerei, denn: Selbst wenn heute diese Maßnahmen beschlossen und eingeleitet würden, träte ihre Wirkung frühestens in 15 bis 20 Jahren ein. Also: Wir kommen nicht umhin, arbeitsfähige und -willige Menschen für Deutschland zu gewinnen. Das heißt nicht: Wer wolle, der komme unkontrolliert, belaste und zerstöre unser Sozialsystem. Fazit: Das Rezept der AfD löst hier und heute unsere Probleme nicht.“

„Hier und heute“ löst das angesprochene Problem sowieso niemand. Zweitens, die Migrationspolitik der AfD besteht nicht nur aus Familienpolitik. Die AfD steht auch positiv zur Einwanderung, aber sie muss integrativ sein, auf gegenseitigen Nutzen beruhen und sozialverträglich sein. Von „Augenauswischerei“ keine Spur.

Und jetzt kommen wir langsam zum Kernstück von MW’s Pamphlet: Amerika ist heilig und unantastbar.

„Nazistisch, faschistisch oder nicht – die AfD ist nicht zuletzt und vor allem ein mehrfaches Sicherheitsrisiko für Deutschland […] denn: Die USA haben das 1945 selbstverschuldet ausgebombte und wirtschaftlich am Boden liegende (West-) Deutschland erstarken lassen.“

Dieser Standpunkt ist die Wasserscheide. Bald 80 Jahre nach dem Zusammenbruch Hitlerdeutschlands kann man ruhig auch einmal zugeben, dass die USA nicht aus Barmherzigkeit und aus lauterem Idealismus für die Demokratie in den laufenden Krieg eingestiegen sind. Die Vereingten Staaten hatten den geringsten Blutzoll von allen. Ihr Lohn war die Explosion des Reichtums und die Herrschaft über mehr als die halbe Welt, die bis heute andauert.

Zweitens kann eine rückwärtsgewandte, angebliche Dankesschuld samt entsprechender Ergebenheit nie die Maxime irgendeines Staates sein. Am wenigsten die Deutschlands im 21. Jahrhundert, da Probleme und Tatsachen andere sind.

Für eine besondere Note sorgt MW mit dem Ausdruck: „selbstverschuldet ausgebombt“. Wer die Hunderttausende an zivilen Opfern, Frauen, Kinder, Alte, in den brennenden Großstädten Deutschlands von Köln über Berlin bis Dresden vor Augen hat, dem muss das „selbstverschuldet“ bitter aufstoßen – erst recht in der Nähe des Ausdrucks „Massenmord an Juden am 7. Oktober“. Wolffsohn scheint über die Deutschen wohl in ähnlicher Weise wie über die Araber in Gaza zu denken.

Mit dem folgenden Absatz sind wir im Kernstück von MW’s Weltbild angelangt.

„Nur der Schutz durch die USA ermöglicht unsere Sicherheit. Deutschland wäre bei einem Angriff von Russlands Diktator Wladimir Putins oder des Iran unfähig, sich wirksam zu verteidigen. […] Das will die AfD ändern, sagt sie. Gut so, aber ohne die USA ist genau das auf absehbare Zeit unmöglich. Sich hier und jetzt sicherheitspolitisch von den USA zu trennen, wäre daher politischer Selbstmord.

Erstens ist keine Rede von „hier und jetzt“ bei der AfD, und zweitens ist die fixe Idee vom hungrigen Wolf Putin bar jeder Evidenz. MW behauptet lapidar:

„Russlands Putin hielt die Ukraine für wehrlos. Deshalb überfiel er sie.“

Die Tatsachen sind andere. Verantwortlich für ein multinationales Riesenreich und die zweite Atommacht der Welt musste der Präsident der Russischen Föderation reagieren, als klar wurde, dass der Westen über Geheimdienstoperationen die ganze Ukraine einsacken und seine Atomraketen am Ende drei Flugminuten vor Moskau stehen würden. Um das zu verstehen, genügt die einfache Sandkasten-Logik von Dreijährigen, dafür muss man kein Putin-Versteher sein. MW erweist sich hier als klarer Apologet des Machtsystems, welches Europa, Amerika selbst und den Nahen Osten eisern im Griff hat.

Das MW-Pamphlet lebt von der Stakkato-Wiederholung der Anwürfe.

„Sicherheitspolitischer Selbstmord.“

Danach wieder ein rhetorischer Trick: Eine durch nichts bewiesene „Verehrung“ (was etwas anderes ist als die „Achtung“ vor einem Staatsoberhaupt) dient dazu, der AfD ein „antidemokratisches Weltbild“ zu unterstellen.

„Trotzdem verehrt die AfD geradezu diesen Aggressor nach außen und innen. Die AfD offenbart so ihr antidemokratisches Weltbild.“

Und wieder „Selbstmord“.

„Fazit: Das AfD-Rezept ist sicherheitspolitischer Selbstmord.“

Und noch einmal „Selbstmord“:

„Wirtschaftlicher Selbstmord sind die AfD-Positionen zur EU. Sie sind im Ansatz geistiger Diebstahl beim ehemaligen Staatspräsidenten Frankreichs, Charles de Gaulle. Er wollte ein ‚Europa der Vaterländer‘.“

Das Aufnehmen  positiver politischer Ideen „geistiger Diebstahl“? Diesem MW ist wirklich kein billiger Trick zu schäbig.  

Hier die nächste Falle:

„Doch kein europäischer Staat […] kann weltwirtschaftlich für sich allein erfolgreich agieren.“

Diese Aussage ist eine Binsenweisheit. Die AfD verfolgt eine andere Qualität des Interagierens, die ihrer berechtigten Hoffnung zufolge langfristig erfolgreicher ist als die Ampel-Linie. Wieder erzeugt MW das Bild, dass die Köpfe der AfD nicht alle beisammen haben.    

Jetzt wird noch schnell die rote Islamkarte gezückt.

„Die AfD kehrt ihre Islam-Kritik hervor und ködert damit viele Bürger. […] Aber: Ausgerechnet der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl 2024, Maximilian Krah, preist den islamistisch-türkischen Präsidenten Erdogan als Vorbild. AfD-Chef Tino Chrupalla will gute Beziehungen zur islamistischen Republik Iran. Die Sympathie für autokratische Systeme und Diktaturen wird nicht einmal bemäntelt.“

Ohne die unzulässig färbenden „preist“, „ködert“ usw. bleibt das Bemühen der AfD übrig, sich als Dialogpartner in Ost und West zu zeigen. Ersteres ist verboten, denn MW vertritt die israelische Agenda, was aus folgendem Absatz klar wird:  

„Eben dieser Iran bedroht gerade zwei weltwirtschaftlich überlebenswichtige Schiffsrouten. Erstens die freie Durchfahrt in und vom Öl- und Erdgas-Großraum des Arabisch-Persischen Golfs bei Hormuz. Zweitens, über seine jemenitische Huthi-Marionette, die freie Durchfahrt zwischen Rotem Meer und Suez-Kanal.“

Die Behinderung der Schifffahrt ist logische Folge der Nahostkriege. Sicher ein Problem. Nur liegt die Verantwortung dafür nicht einseitig bei Persien und Jemen. MW macht kein Wort zu Israel, kein Wort zu Gaza. Nur der Ausdruck „jemenitische Huthi-Marionette“ sagt alles.

„Fazit: Die Verwirklichung des außen- und wirtschaftspolitischen AfD-Programms ist das Drehbuch für den Untergang Deutschlands.“

In der Tat, das AfD-Programm ist der Untergang  für jenes Deutschland, das Prof. Michael Wolffsohn sich wünscht. Am Ende eines jeden BILD-Artikels steht neuerdings dies.

„Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.“

Jede Menge.

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