Die Familie Sinner aus Sexten in der Zeitung Dolomiten

DER WIMBLEDON-DIALEKT

Georg Dekas
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19. Juli 2025

Jannik Sinner verdient sich den Welt-Pokal für die Förderung des Tirolischen.

Jannik Sinner hat das Tennisturnier von Wimbledon 2025 gewonnen und bekam den Pokal von Princess Kate Windsor überreicht. Daheim in Sexten und Südtirol schlagen die Leute Purzelbäume vor Begeisterung und Liebe für den jungen Mann. Dem es nach ersten Verlockungen des Ruhms gelungen ist, er selbst zu bleiben. Auch mit einer gesetzten March (tir. Markstein) in der Sprache.

Berichtet die „Dolomiten“ begeistert (siehe Titelbild): „mit der gesamten Weltpresse an den Mikros“ habe der Weltstar Jannik Sinner im „Südtiroler Dialekt“ gesprochen. „Es wichtigste isch, dass die Familie stolz isch“. Tirolisch so nahe dran am königlichen Hof Großbritanniens, das hat etwas von einer Nobilitierung.

Die Dolomiten-Zeilen von Sportreporter Stefan Peer verdienen aufgezeichnet zu werden, weil sie gut belegen, in welchem Sprachzustand (der Unordnung) der geschriebene Tiroler Dialekt heute steht.

Peer: „Hoi Jannik, gratuliere, du bisch iatz Wimbledon-Sieger, wo [!] geaht dir durchn Kopf? Wos bedeitet dir des?“

Sinner: „Es bedeitet sehr viel, es isch ein onders Turnier, weil man g’spiart die Geschichte…bevor man aufn Plotz eini geaht, man hot ondere Nervn… Obr dis wichtigste wor meine Familie zu sechn, meine Mama, meinen Tata und meinen Bruader und das gonze Team. Dass sie gelocht hobn, boll (als, Anm. d. Red.) i an bledn Boll verschlogt hon, und weil sie stolz auf mi sein. Und sell isch fir mi dis Wichtigste…“.

Was dem Dialekt zur gesetzen Sprache fehlt? Vor allem die normierte Rechtschreibung. Es zeigt sich der geschriebene Südtirolisch mehr als ein ‚dia-ballo‘, durcheinander werfen (daher Diabolo), denn als (gr.) dia-lego, durcheinander reden – sozusagen boll an Boll. Die Schreibweise des Dialekts macht deutlich, dass wir in der Vorstufe einer Sprache stecken, die, sobald grammatikalisch und ortografisch geordnet, Tirolisch heißen könnte.

Indem Dolomiten-Mann Peer sein Kurzinterview mit dem neuen Tennisstern im Dialekt widergibt, verkürzt er die Kluft zwischen der normierten Sprache auf gedrucktem Zeitungspapier und den gelebten Sprachen auf dem Feld und in Smartphones. Was geboten und klug ist. Äußerst löblich ist, dass er mit Assist von Sinner eine Bresche für das Tirolische schlägt. Gar in Wimbledon. Nobel.

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