Politische Floskeln haben in der Osterkirche nichts verloren.
Der Kreuzigungstod Jesu ist das tiefsinnigste und edelste Zeugnis für die Gleichheit aller Menschen unabhängig von ihrer Seins- und Lebensweise („Ecce Homo“). In der katholischen Karfreitagsandacht gibt es nach der ergreifenden Lesung vom Leiden und Sterben Jesu Christi die Großen Fürbitten: Der Priester beginnt: „Wir beten für…“ – es folgt der Gebetswunsch. Dann sagt der Priester: „Beuget die Knie“, und nach einer Weile: „Erhebet Euch“. Damit bekräftigt die Gemeinde den zuvor konkret ausgedrückten Gebetswunsch.
Fürbitten in Richtung Politik
So gut jede einzelne gemeint sein mag, so ist doch jede Fürbitte letztlich eine Parteinahme „für“ und eine Absonderung „von“. So lange die Fürbitten allgemein sind, z.B. „für das gesamte Kirchenvolk“, oder eine geistliche Person oder Amt benennen, z.B. “Papst Franziskus“, dann sind diese Parteinahmen annehmbar, man ist ja schließlich in der Kirche, und die darf und muss sich selber ja stärken im Glauben und im Zusammenhalt. Etwas kritischer ist schon, wenn am Karfreitag 2024 eine der Großen Fürbitten lautet: „Wir beten für die Juden“. Es sind die biblischen Juden gemeint und nicht die Israelis, aber in Zeiten von Gaza, ich weiß nicht. Außerdem scheint da noch der alte Dünkel durch, die Jahrhunderte lang gepredigte Überzeugung, dem einzig wahren, „richtigen“ Glauben anzugehören (dann muss es ja auch „falsche“ Bekenntnisse geben – und ist Christus auch für die „anderen“ gestorben?).
Das Reizwort Ukraine
Ganz arg und endgültig aus dem Rahmen fällt die Große Fürbitte im Jahr 2024, wenn die Hirten der Diözese Bozen-Brixen die Grenzen der Konfession verlassen und klar in die Politik wechseln. „Wir beten für die Ukraine“. Bischof Ivo Muser tut es und mit ihm alle Pfarreien im Land. Manche hängen an: „und im Nahen Osten“. Nein, da beuge ich nicht meine Knie. Ich bleibe aufrecht stehen.
Nicht weil mir die einzelnen, einfachen Leute an der Front und an bombardierten Orten überall auf der Welt gleichgültig sind, sondern weil ich diese Art der offensichtlich politischen und dazu noch inkongruenten Parteinahme nicht annehme. Zuerst benennt man eine Kriegspartei („Ukraine“) und danach hält man sich mit Rücksicht auf Israel bedeckt („Naher Osten“). Beides ist unvereinbar mit der Bedeutung des Kreuzestodes. Wenn der Opfertod Jesu gelten soll, dann tut er das nach der Lehre der Kirche für alle Menschen, gleich welche Uniform sie tragen und welche Sprache sie sprechen (Bischof Muser: „Jesus ist unendlich solidarisch“). Eine Parteinahme für die Ukraine und die indirekte Verurteilung Russlands im Donbass-Krieg verträgt sich nicht mit der grenzenlosen Solidarität des Gekreuzigten – der übrigens vor Pilatus gesagt hatte: „Mein Königreich ist nicht von dieser Welt“.
Das Modul „Angriffskrieg“
Zusätzliches Benzin gießt der Bozner Bischof ins Feuer mit politischen Aussagen im österlichen Friedensgruß 2024: «In der Ukraine leiden Menschen seit mehr als zwei Jahren an den Folgen eines grausamen Angriffskrieges.» Ja, in der Ukraine leiden Menschen, im Donbass leiden Menschen, in Moskau leiden Menschen, überall leiden Menschen. Nur, das Nachbeten einer Floskel der Propagandasprache der einen von zwei Kriegsparteien steht einem Seelenhirten nicht an, der andernwärts verkünden muss: Liebet Eure Feinde. Denn ob die Menschen in der „Ukraine“ an den Folgen der Vermessenheit ihrer eigenen Regierung leiden oder an den Folgen der militärischen Intervention des Nachbarn, dem sie auf die Zehen steigen, diese Einschätzung sollte der Bischof bei der Osterpredigt tunlichst außen vor lassen.
Kriege haben Sieger
Um das Maß voll zu machen, legt Bischof Ivo Muser noch ein Scheit drauf in seinem Ostergruß: «Am Ende eines Krieges gibt es immer nur Verlierer.» Nichts weniger wahr als das! Warum ist die USA eine Weltmacht? Weil sie zwei Weltkriege gewonnen hat. Warum haben wir billiges Erdöl aus Arabien? Weil die Deutschen und Türken den Nahen Osten an die Alliierten verloren haben. Warum müssen sich Russland, China und andere verteidigen? Weil der Westen glaubt, die ganze Welt beherrschen und ausnehmen zu können. Kriege haben Gewinner und Verlierer. Und wenn du nicht zu den Verlierern gehören willst, musst du als Ultima Ratio die Waffen sprechen lassen. Israel weiß das genau und handelt danach. Die Russen und Chinesen auch.
Schluss mit politischen Floskeln in der Osterkirche! Erhebet Euch.