Wien Blaugelbe Ukraine Fan-Streifen am Fuss des Prunk-Denkmals der Russen

Ovationen im Westen

Georg Dekas
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13. Februar 2023

Bekommst auch du glänzende Augen bei Auftritten von Wolodymyr Selenskyj? Bist auch du mit denen, die in London, Straßburg und Paris dem heldenhaften Führer der Ukraine zujubeln?

Ich gebe mich dennoch der Hoffnung hin, dass bei dir noch ein kleines unvermintes kleines Stückchen Denkland übrig ist, das meine Worte hören und abwägen kann. Nein, Zustimmung erwarte ich nicht, nur Gehör. 

 

Lass dir die Ukraine-Saga einmal anders erzählen.

Du weißt, dass das Gebiet, das sich heute Ukraine nennt, eines der reichsten der Welt ist? Reich an Wasser, Ackerböden, Erzen, willensstarken Menschen, ein riesengroßes Land. Wir beide kennen die Spezies Mensch genug, um auszurechnen, dass so ein Land den Menschenwölfen gewaltigen Appetit macht, wenn es zu haben ist. Und seit 1990 ist es zu haben. Damals brach die Sowjetunion zusammen. Und jetzt streiten sich zwei Supermächte drum.

 

Auf welcher Seite stehst du?

Lassen wir uns nicht von Auftritten, Sprüchen, Etiketten und Äußerlichkeiten blenden. Auf welcher Seite stehen du und ich? Auf der Seite der USA, kurz Westen genannt, auf der Seite der RF, kurz Russland genannt, oder auf der Seite der Ukraine,  dem Staat, wie er aus dem Zusammenbruch des Sowjetreiches hervorgegangen ist? 

Ich stehe grundsätzlich auf der Seite der Freiheit und Unabhängigkeit der Völker. Irland, Südtirol, Ungarn, Kuba, Prag, Vietnam, Polen, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Kosowo, Schottland, Katalonien – alle Kämpfe mitverfolgt und mitgefiebert. Deshalb weiß ich auch, dass Freiheit nicht immer möglich ist und wenn, dann braucht es starke Verbündete und es bedeutet meistens auch Krieg. Die Ukraine hat den 2014 Krieg angefangen und sich den Westen als Verbündeten ausgesucht. Die Menschenmehrheit und die politischen Chefs in USA und EU-Europa sagen «Stand with Ukraine». 

 

Russland spielt da nicht ganz mit.

Die Ukraine ist zusammen mit Weißrussland ein Drillings-Bruder zu Russland. Und ein Nachbarstaat der Russischen Föderation an einer 2300 km langen Grenze. Die RF rechnet die Ukraine zu ihrem unmittelbaren geostrategischen Einflussgebiet, ungefähr so, wie das die USA mit Kanada, Mittel- und Lateinamerika machen. Geht die Ukraine an den Westen, hat Russland über Nacht amerikanische Atomraketen vor der eigenen Haustür und muss außerdem zusehen, wie amerikanische Firmen das reiche Bruderland plündern.

Dazu kommt, dass die Ostregionen der Ukraine ethnisch russisch sind und sich längst abspalten wollen, weil sie von den herrschenden Westukrainern gemobbt werden. In der Tat bombardiert die westlich gesinnte Regierung in Kiew ihre eigenen Ostregionen seit 2014. Angeblich soll dieser Bürgerkrieg bisher schon 14.000 Todesopfer gefordert haben. Über den Streitparteien bemühten sich Russland und der Westen vergeblich um einen Friedensschluss. Die beiden Abkommen von Minsk blieben Schall und Rauch. Da hat Russland gesagt: Basta! Jetzt machen wir Schall und Rauch, aber anders.

Vor bald einem Jahr, am 24. Feber 2022, begann die «Militärische Sonderoperation» der RF gegen die Ukraine. Das am Vortag angekündigte Ziel war, den russischen Landsleuten dort zur Eigenstaatlichkeit zu verhelfen und sie in die Föderation einzugliedern. Damit wäre zumindest ein Teil des Familiensilbers gerettet, sprich, dem Westen entzogen, meinte man im Osten. 

 

Der Westen spielt da nicht ganz mit.

Der Eingriff der RF ist ein  völkerrechtswidriger Angriffskrieg, den ein blutdürstiger Diktator auf ein friedfertiges, souveränes und demokratisches Nachbarland losgetreten hat, ein Überfall auf ein wehrloses Volk, ein Feldzug gegen Demokratie und Freiheit, heißt es. In der Ukraine werden die «Werte» des Westens verteidigt. Diese Behauptung wird zur Staatsdoktrin der USA und der EU. Es folgen Kriegsbegeisterung, Waffenlieferungen, wirtschaftliche, propagandistische  und geheime Kriegführung. 

Nicht wenige Leute im Westen fragen sich, ob das die Wahrheit und dieser Weg wirklich der richtige ist. Angefangen bei der Gegenüberstellung von Gut (Westen, Selenski) und Böse (Russland, Putin), bis hin zum greifbar nahe gerückten Risiko eines nuklearen Schlagabtausches der Supermächte. 

 

Kein Friede in Sicht

Ich wünsche der Ukraine Frieden und Unabhängigkeit. Dazu gehört ein gutes Auskommen mit ihrem großen Bruder im Osten. So lange dafür kein Wille ersichtlich ist, bleibt der Wunsch ein frommer und unerfüllbarer. 

Die RF hat mit der Annexion der Krim, der Regionen Luhansk und Donbass ihre Kriegsziele innerhalb eines Jahres bereits erreicht. Russland muss aber weiterbomben, weil die Gegenseite erklärt hat, sie wolle Russland ruinieren, besiegen und sich die verlorenen Territorien wieder zurückholen. Die RF ihrerseits erklärt, nicht einen Millimeter von ihrer Operation abrücken zu wollen. 

Die Ovationen für den Präsidenten der Ukraine in London, Brüssel und Paris, der dort auf  Waffenbetteltour ist, zeigen klar und deutlich, dass der Westen bereit ist, den Krieg unnachgiebig fortzusetzen. Der Westen gibt offen zu, dass er die wahre Gegenseite der RF ist und Selenskyj nur ein Protagonist in einem Kriegsdrama. Es werden wieder deutsche Panzer gegen Russland rollen. Und NATO-Jets ihre Bomben abwerfen. Friedensappelle werden unbeachtet bleiben.

An ein baldiges Ende des Ukraine-Konflikts ist nicht zu denken. Wir können froh sein, wenn Wladimir Putin und Joe Biden die Nerven behalten und keinen roten Knopf drücken. 

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