Standbild aus RAI TG1 - Video von T33 Bozen

O KATHARINA

Georg Dekas
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21. Mai 2025

Bürgermeisterin Katharina Zeller beginnt ihr Amt mit einem Malheur, das auch sein Gutes hat.

Zur Einstimmung eine Schnulze

Oh Katharina, ich hab die ganze Nacht

Oh Katharina, ja nur an dich gedacht

Oh Katharina, du bist mein Ideal

Oh Katharina, dich gibt es nur einmal

Auf zum Tanz schönes Kind, nur wer wagt der gewinnt…“

Plötzlich berühmt

Oh Katharina, jetzt bist du die berühmteste Bürgermeisterin Italiens! Diese Sache wird dir ewig nachhängen. Ganz Italien ist entsetzt und versteht nicht, wie eine städtische und akademisch gebildete Südtirolerin, die soeben das Bürgermeisteramt ihrer Heimatstadt Meran errungen hat, und zudem Tochter von Senatoren der Republik ist, bei der Inauguration (ein informeller Akt) die italienische Trikolore abweisen kann.

Zeller-Wahlwerbung 2025: „Insieme tutto è possibile“. Oh, Katharina!

Zweiter Schauplatz

O Jannik, du bist der beste Tennisprofi der Welt, aber nicht mehr Italiens uneingeschränkter Liebling! Seit du die Einladung des Staatspräsidenten ausgeschlagen und die des neuen Papstes Leo angenommen und dabei gesagt hast, zuhause sprechen wir deutsch, das sei verständlich, seitdem disst man dich sogar in höchsten Kreisen. Ein maßgeblicher, in den römischen Salons gefeierter Links-Intellektueller namens „Konrad“ (Corrado Augias) hat deinem Vater sein armseliges Italienisch verspottet und dich einen „italiano riluttante“ und „italiano per caso“ geheißen (Ja, das sind wir Südtiroler, seit 1920, und hoffentlich noch lange hin).

Italia über alles

Katharina Zeller in Meran ist 39, Jannik Sinner aus Sexten ist noch viel jünger. Es scheint auch die junge und die jüngste Generation von Südtirolern nicht verschont von Demütigungen und Beschimpfungen zu sein, wenn sie ihre natürliche Identität als deutsche Tiroler durchblicken lassen. Der italische Leviathan jakobinischer Prägung heult dann regelmäßig auf und wird zum medialen Tsunami. In einem Schwall von hochpathetischer Rhetorik (Giorgia) bis hin zu Posts à la Antrax wird „Italia über alles“ dekliniert.

Tiefer Kotau: „Italien mein Vaterland“

Die arme (per modo di dire) Neo-Borgomasterin Katharina hat nach diesem chauvinistischem Tohuwabohu den tiefst möglichen Kotau, ja einen unbeschreiblichen Kniefall vor Rom gemacht: „L’Italia, la mia patria“ und „la nostra repubblica“ flossen ihr wie Honig aus der Feder. Verständlich, sie will leben. Denn bei change.org (Marco Zorzi) läuft bereits eine Petition, um sie abzusetzen, und Innenminister Piantedosi könte unter Druck kommen.

Zeit für eine Revision

Das Gute an diesen typisch italochauvinistischen Aufregern: Es wird halt der Staat Italien immer wieder schmerzlich daran erinnert, dass es da oben in den Alpen an der „heiligen“ Brennergrenze ein ebenso tüchtiges wie eigensinniges Volk gibt, das es gar nicht geben dürfte nach der gefeierten, aber aus der Zeit gefallenen Risorgimento-Logik der Italiener. Österreichstämmige sind geradezu eine Gotteslästerung für jene glühenden Geister, die laut Nationalhymne stets „pronti alla morte“ sind. Möchte doch die einmalige Katharina und der coole Jannik dazu beitragen, dass die Republik ihr Eigenverständnis etwas großzügiger und moderner gestaltet.

Zu schnelle Vorfreude der Schützen

Freilich, die Südtiroler Schützen werden sich als echte Tiroler Patrioten bei solchen erzungenen Glaubensbekenntnissen einer Neo-Politikerin (bis zum Trikolore-Vorfall war sie Verwalterin) auf die Zunge beißen, haben sie doch der Bürgermeisterin blitzschnell ihre Solidarität bezeugt dafür, dass sie die deutsche Bürgermeisterkette nicht mit der nationalen Kokarde zugedeckt hat.

Nachsatz 1

  • Bedauerlich schwach die Verlautbarung von Landeshauptmann Kompatscher zur Causa;
  • Eindrücklich das (mutmaßlich unbeachtet bleibende) Nachdenkstück von Bürgerrechtsanwalt Nicola Canestrini

Nachsatz 2

Die Übergabe der Stadtschlüssel, bei der das Malheur passierte, ist übrigens (glaube ich) ein alter deutscher Brauch (Napoleon in Frankfurt!) und hat nichts mit einem „insediamento ufficiale“ zu tun, wie in Italien verbreitet und geglaubt wird. Dort ein Hoheitszeichen abzulehnen wäre in der Tat eine krasse Verletzung der Herrschaftsordnung.

Nachsatz 3

Der von den Zeller-Damen zu Unrecht als arroganter Macho, Chauvi, Mann angeschwärzte Übergebende der Trikolore, Dario Dal Medico, hat seinerseits auch im Einklang mit seinem Gefühl für Identität gehandelt. Es ist völlig unannehmbar, dass die Zeller-Gefolgschaft daraus einen männlichen Gewaltakt macht.

Geradezu pubertär, aber doch bezeichnend für eine Feministin ist es, wenn Katharina Zeller im freudianischen Stil vom eigenen Pech ablenkt (Zitat Zeller: «La fascia tricolore? L’ho tolta perché l’ex sindaco mi ha trattata come una bimba obbligata a ubbidire a un uomo maturo» (… der scheidende Bürgermeister hat mich behandelt wie ein kleines Mädchen, das einem reifen Mann zu gehorchen hat).

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