DUEL The Most Bizarre Murder Weapon Ever Used © Steven Spielberg 1971

MEDIBZ DUEL

Georg Dekas
|
6. März 2023

Bozen soll eine „Medizin-Uni“ bekommen. Genauer: Die Gemelli-Klinik in Rom und die katholische Universität „Sacro Cuore“ in Mailand eröffnen in Südtirol eine Außenstelle. Die Nationalisten stellen den  Prosecco kalt. Und die Qualität der Sanität geht weiter den Bach hinunter.

Die stolzen Ritter der Autonomie fügen sich den Zeitläufen und importieren immer mehr Fachkräfte, um den scheidenden Mediziner-Stamm meist österreichischer Schule mit Personal aus Italien zu ersetzen. Schleichend und zögerlich, indem sie einerseits wegen des Sprachen-„Proporz“ keine feste Anstellung gewähren, andererseits den Gebrauch der deutsche Sprache auf die lange Bank schieben, so dass sich das Deutsch de facto erübrigt. Können ja eh alle italienisch, sagen Straßenbefragte ins Mikro, Hauptsache gut behandelt, Sprache wurscht, heißt es in den Leserbriefen. Wurscht, das dürfen die nicht sagen, die gefühlt alle fünf Minuten sich selbst und Südtirol als die weltbeste Autonomie feiern. Denn eine italianisierte Sanität ist für die Südtiroler Autonomie das, was der Besenwuchs für einen Apfelbaum ist. Er macht ihn kaputt. Da wächst nichts mehr nach. Warum das so ist, lege ich im letzten Abschnitt dar.

 

Trara, trara, die Ärzte sind da!

Nun scheinen ‚Gesundheitslandesrat‘ Arno Kompatscher und SABES- ‚General‘ Zerzer den Italo-Turbo erst richtig starten zu wollen. So ertönt es frisch und froh aus dem (Kuh-) Horn der „Dolomiten“:  „Endlich“ erhält Südtirol eine Medizin-Uni! (06. März 2023, siehe PRESSE). „Endlich“ ein Rezept gegen den Ärzte- und Pflegermangel! Ab 2024/25 soll die hausgemachte Ärtzeausbildung beginnen und vier Jahre dauern. Dann sollen die 60 ersten frischgebackenen Medizinleute vier Jahre lang Dienst innerhalb der lokalen Grenzen tun. „Endlich“ nicht mehr abhängig vom „Ausland“. Aber vom „Inland“ schon? Bozens Krankenpflegerschule Claudiana soll bald Außenstelle einer Mailänder Uni und eines römischen Spitals werden, und die Berliner (!) sollen ihre Hand drüber halten. Englisch soll die Lehrsprache sein.

 

Machen wir’s kurz, drei Anti:

  • Österreich ist also „Ausland“. Ja, gibt es denn die EU und ihren freien Wettbewerb überhaupt noch?
  • Englisch von Italienern in BZ? Ein frommer, teils lustiger Vorsatz. Als Trojanisches Pony an der „unibz“ zu bestaunen.
  • Rezept gegen Ärztemangel? Wenn’s gut geht, ab 2030. Was bis dahin? Die Hausmacher-Uni Made in „Ideli“ (Meloni) ist nicht die Lösung des Problems.

 

Alles geht seinen Gang

Irgendwie kann man die ganze Veranstaltung samt „Sacro Cuore“ auch gelassen sehen. Die deutschen und die ladinischen jungen Leute werden sich das Ganze genau anschauen: und die Besseren von ihnen werden sich für Qualität und nicht für Kommodität entscheiden. Und die, die sich für die Kommodität entscheiden, werden perspektivisch in einem öffentlichen Beamtenbetrieb der Serie C arbeiten. Einen VEB, um den Patienten immer öfter einen großen Bogen herum machen. Einen Bogen mit Haltestelle in Innsbruck. Die italienischen Jungärzte, die in der Außenstelle Bozen ein im wahrsten Wortsinn provinzielles Studium absolviert haben, werden mit Gerichtsurteilen erfolgreich gegen die Verpflichtung wehren, vier Jahre in den Grenzen der Provincia Autonoma di Bolzano arbeiten zu müssen. Dafür ist die EU wieder gut genug. Richtig blöd wird die Sache nur für eine SVP, die 1946 für elementare Grundrechte wie etwa für die deutsche Schule gekämpft hat und hundert Jahre später, vielleicht im Jahr 2046, als dürres Bäumchen wegen eines finalen Besenwuchses ausgerissen und verbrannt werden wird.

 

Ceterum censeo SABES esse delendam

Wenn der Südtiroler Souverän gescheid ist, dann sagt der dem aktuellen Gesundheitslandesrat und seinem Betriebsingenieur bei den Landeswahlen im Herbst Adé, und fordert eine Reform des Gesundheitswesens in Südtirol ein, die damit beginnt, dass die Beamtenhochburg SABES geschliffen wird, und das autonome Land Südtirol den Römern sagt: Wer die Gesundheit bezahlt, der schafft auch an! Diese beiden Marksteine einer verwaltungstechnischen Deregulierung würden genügen, um der kranken Sanität schnell auf gesunde Füße zu helfen – und im Übrigen auch auf eine gesunde und freie Sprachentfaltung unter Fachkräften und Patienten, die im Unterschied zum politischen Besenwuchs sehr willkommen ist.

 

Blick in den Rückspiegel

Exakt hundert Jahre nach der gewaltsamen Italianisierung Südtirols vollenden Kompatscher und Zerzer die Transformation Südtirols in tiefstem Frieden. Sie italianisieren die Sanität alla grande. Niemand scheint sich der Tragweite dieser Politik bewusst zu sein. Um das zu verstehen, muss man kurz in den Rückspiegel schauen und sehen, was für ein LKW da plötzlich hinter einem aufgetaucht ist.
Nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs gab es für die beherzten Scherbenkitter der neu gegründeten SVP nur ein großes Ziel: Die deutsche Schule muss bleiben! Das war der Kernpunkt des Pariser Vertrages. Jeder wusste es: Ohne die deutsche Schule würde die österreichische Minderheit südlich des Brenners unweigerlich kollabieren. So wurde die deutsche Schule unter größten Mühen aufgebaut. Sie entwickelte sich zu einer veritablen Maschinerie mit heute 8.000 beamteten Lehrkräften und einer Post-Abi-Ausbildung (nennt sich „Universität“).

Die politischen Wächter der sub-nationalen Selbständigkeit, sprich Autonomie, sind mittlerweile schläfrig und zerstreut geworden oder verzetteln sich in ihrem Haufen Geld. Sie bemerken gar nicht, wie sich neben der Schule eine zweite große Maschinerie aufgebaut hat, die ebenfalls über das Leben der deutschen und ladinischen Minderheit bestimmt. Es ist dies der öffentliche Gesundheitsdienst in Gestalt des „Sanitätsbetrieb Südtirol“ (SABES): Eine Armee von 10.000 Beamten im Dienst der Gesundheit, zusammengeschlossen in einem politisch verwalteten Landesbetrieb mit quasi Monopolgeltung, verwaltungstechnisch eine Art volkseigener Betrieb (VEB).

Diese Maschinerie ist nur in Randbereichen in den Händen der Bozner Autonomiepolitiker. Das große Sagen hat der Staat, hat Rom. Mit großem Geschick sperren sich die nationalen Ministerialen und Kammern gegen den ‚deutschen‘ Ärzte-, Pfleger-, Patienten- und Know-how-Fluss zwischen Südtirol und seinen ‚mütterlichen‘ Medizin-Hochburgen nördlich des Brenners. Eine italienisch dominierte Sanität mit Uni-Turbo ist für das kleine Südtiroler Völklein wie der finstere LKW in Steven Spielbergs allererstem, richtig genialen Film DUEL von 1971.

***

 

(Dank an den Meister aus Spielberg für das Titelfoto)

Teilen
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner