Piazza Giovanni Da Triora: Bruno, CC BY-SA 2.0

GIORGIA AUS GARBATELLA

Georg Dekas
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27. September 2022

Giorgia Meloni ist Römerin aus Garbatella. Klingt wie Mozzarella, Tarantella, Nutella. Klingt nicht nach „Katastrophe“.

Das Gespenst des angeblichen Postfaschismus einer Giorgia Meloni schreckt den unterfertigten Blogger ebenso wenig wie die umsichtige „Dolomiten“.

 

Überraschendes Wohlwollen

Schon Tage vor der großen römischen Wahl müssen die politisch korrekten und konformistischen Südtiroler ihre Augen weit aufgerissen haben, als sie in der meistgelesenen Südtiroler Tageszeitung einen Brief (!) von Giorgia Meloni zu lesen bekamen. Prominent abgedruckt. Mit einem Kompliment der Redaktion: „in tadellosem Deutsch“. Die voraussichtliche Siegerin der Parlamentswahl durfte im Blatt der echten antifaschistischen Tradition frei und ausführlich ihre Positionen darlegen.

 

Zeitung rollt Teppich aus

Taroni, die langjährige Rom-Korrespondentin der „Dolomiten“, bringt in der heutigen Ausgabe (27. September 2022, Seite 3) ein Porträt der Wahlsiegerin Giorgia Meloni: Beschreibend, gar nicht abfällig oder seitenhiebisch. Eine Wohltat inmitten der nach der Faschismus-Schablone gesprayten Meloni-Verrisse, die aus deutschen Landen eintrudeln. Das Stück von Taroni könnte die Überschrift tragen: Eine Frau aus dem Volk, eine von uns. Natürlich ist für Römer auch das ein Leckerbissen: die Herkunft Giorgia Melonis aus dem volkstümlichen Stadtviertel Garbatella.

 

Die Gitsch aus Garbatella

Der geniale Satiriker Maurizio Crozza hat in seiner Meloni-Persiflage auf „La Nove“ eine Stelle, die mehr aussagt als tausend Analysen. Als „verkleidete“ Meloni, die immer wieder die Lippen zum Kussmund spitzt und dabei die Augen weit aufreißt, sagt die Crozza-Meloni: ‚Ich bin aus Garbatella und die dort sind aus Parioli‘ – „ma sempre Roma è!“ (Video Youtube, ca. 0:30). Nun muss man wissen: Parioli ist das römische Nobelviertel und damit die Heimat des „Radical-Chic“, der reichen, eingebetteten, salonlinken Eliten, während Garbatella für das ‚Popolino‘ steht, die kleinen, ewig zornigen Leute: ma sempre Roma è. Rom bleibt Rom.

 

Ein Leitartikel mit Wink

Und als Verlags-Mitinhaber und Chefredakteur Toni Ebner heute ( 27. September) auf Seite eins seines Blattes zur Wahlanalyse ansetzt, da staunt das Bozner Links-Establishment noch mehr.

Zum Sieg des Mädchens aus Garbatella kein einziges Tönchen des Missfallens, keine Gehässigkeit zwischen den Zeilen, kein Einstimmen in den tränenreichen Chor der Krokodile im Gesamttiroler Polit-Tümpel mit Wortkanonen wie „Erdbeben“ (TT), „ewiggestrig“ (J. Unterberger, SVP), „Katastrophe“ (A. Kompatscher, SVP).

Gut, für die Meteorologen der Politik ist die Wetterfahne der Dolomiten absolut berechenbar, aber bei diesem Leitartikel ist der Schwenk auf Meloni nur der halbe Punkt, auf den es ankommt. Es überrascht vielmehr die verhaltene, aber deutliche Warnung an die eigenen Reihen. Man möge verbale Entgleisungen vermeiden, in Rom brauche man Freunde, weil: „Einen Alleinvertretungsanspruch kann die SVP im Parlament aber ohnehin nicht mehr stellen.“

Spannend zu sehen, wie sich die Kompatscher-SVP in Bozen und in Rom mit der „Katastrophe“ aus Garbatella ins Benehmen setzen wird.

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