Italien hat einen gewaltigen Überhang an Nicht-Erwerbstätigen. Wer kann und wird das bisherige soziale Umlagesystem reparieren?
Italien hat rund 59 Millionen Einwohner. 14,7 Millionen oder 23% der Bevölkerung arbeiten in der privaten Wirtschaft, die zu 98% aus Kleinen und Mittleren Unternehmen besteht. Diesen und den 2% anderen Unternehmen steht ein Heer von Arbeitenden und Nicht-Arbeitenden entgegen, die «durchgefüttert» oder bezuschusst werden müssen: insgesamt 40,42 Millionen Menschen. Das Wirtschaftslobby-Institut «Valore Impresa/centro studi» hat folgende Aufstellung gemacht (veröffentlicht in der La Verità im Dezember 2023):
Rentner und Pensionäre 17,8 Mio.
Handicap/Invaliden 3,1 Mio.
Betreuer von Invaliden 2,1 Mio.
Arbeitslose 2,55 Mio.
Schüler 11,32 Mio.
Beamte/öfftl. Angest. 3,55 Mio.
Gesamt 40,42 Mio. Menschen
Dieser Masse gegenüber stehen 15 Millionen Beschäftigte in der Unternehmer-Wirtschaft, also dort wo reales Einkommen geschaffen wird. Die Transferleistungen der Produktivkräfte (Steuern, Abgaben, Eigenleistungen der Familien, Bsp. Schüler) tragen die 40 Millionen Nicht-Erwerbstätigen, die teils (Rentner, Schüler) oder ganz vom Staat Abhängigen. Kurz gesagt: 1 Verdiener, 2,7 Nutznießer.
Auf die eine Weise kann man das sehen als die unglaubliche Effizienz des modernen, marktwirtschaftlichen, aber sozial verpflichteten Kapitalismus: Es gibt kein anderes System, das einen so gewaltigen Reichtum erzeugt, von dem außer die direkt Schaffenden noch weitere 40 Millionen Köpfe leben können. Andererseits stellen sich ungemütliche Fragen für die Zukunft. Die Klasse der Rentner und Handicaps wird sich weiter vergrößern, die Klasse der Schüler im Sturzflug verringern. Für das Umlagesystem, also den Sozialstaat heutiger Prägung, ist das Ende der Fahnenstange nahe, nicht nur in Sicht.
Bozen im Jahr 2023 (c) dege
Wer hat das Rezept für die Zukunft?
Wie reagieren die politischen Parteien auf die vorauszusehende Gefahr? Es will doch niemand, dass der Sozialstaat kollabiert, oder?
Was nur in Teilen, aber noch nicht so richtig angesprochen worden ist, aber werden sollte, das ist der kontrollierte Rückbau der hochindustrialisierten Gesellschaft. Die Ampel in Deutschland und Draghi/Conte in Italien hatten den ersten Zug in diesem Spiel. Gescheitert. Das rotgrün-klimatische Rezept ist überall ein Fiasko. Jetzt sind die Rechten dran. Da hört man – außer von Viktor Orbàn – aber noch nichts Konkretes. Die gute Giorgia Meloni musste die Erfahrung machen, dass sich aus einem fahrenden Hochgeschwindigkeitszug zu stürzen keine zukunftsträchtige Lösung sein kann. Wir warten und erwarten.
