Tragödie heute (Bildquelle unbekannt)

EINE MODERNE TRAGÖDIE

Georg Dekas
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19. November 2023

Das Ärgernis deutscher Kommentare bei der Verherrlichung Israels. Krieg steht über Meinung.

Zwei Artikel zu Israel und Zeitstimmung erregen Ärgernis (Zitate und Links am Fuß). Vom Stil her ungustiös, wie man das in Deutschland nur zu gut kann und kennt. Zum Krieg in Nahost sind die Positionen klar verteilt, da muss nicht jeder sein Meinungs-Scherflein beitragen. Darum schreibe ich diese Zeilen nicht. Es ist so, wie es ist. Aber die beiden Parteigänger bedienen sich in ihren Pamphleten leider des – ebenfalls notorischen – deutschen Selbsthasses, und das ist so unschön wie fehl am Platz.

Wer als doch ein wenig gebildeter Mensch versucht, den Knäuel dort unten zu verstehen, und dabei von vorneherein nicht blind Partei ergreifen will, der gilt den glühenden Israel-Fans als «Lump» mit «schwerem Dachschaden» und «erbärmlicher linker Salon-Rebell». Bleibt das Hosianna auf Israel aus, ist man nichts weniger als ein Antisemit, ein Judenhasser. Das geben die beiden deutschen Kommentatoren so wie andere Meinungshüter klar zu verstehen. Der Begriff «Antisemit» erleidet gerade durch derlei überzogene Anwürfe eine galoppierende Inflation, die fast nur zur völligen Bedeutungsleere führen kann.

Der propagandistische Streit um die Gift-Etikette zielt am tiefen Ernst der Sache vorbei. Es sei festgehalten, dass das Töten seit Kain und Abel zum Menschen gehört und Kriege die Macht von Naturgewalten haben, denen der einzelne Mensch nicht gebieten kann. Große Kriege können eigentlich gar nicht begriffen, sondern nur in Gestalt der altgriechischen Tragödie erzählt werden, selbst wenn wir meinen, alles über sie zu wissen und das Geschehen sogar steuern oder wenigstens beeinflussen zu können.

Israel muss sich sagen lassen, dass man nicht einfach nach 2000 Jahren in ein Land kommen und sagen kann: Das ist jetzt meins. Israel weiß das genau, darum hat es seine Gründung 1948 mit Bomben und Gewehren freischießen müssen und ist heute noch im Krieg mit den angestammten Ortsansässigen. Die Ortsansässigen müssen sich sagen lassen, dass Rache und Terror nicht nur keine Lösung des Problems sind, sondern ihnen selbst am allermeisten schaden, gleich wie sich das militärische Glück auch wenden mag. Den Pamphletisten, die beim leisesten Mitgefühl für die angestammte Bevölkerung schon Antisemitismus schreien, sei gesagt, jeder kann sehen und feststellen, wie sehr die so genannten «Palästinenser» in Jerusalem, Westbank und Gaza Inhaber von Menschenrechten zweiter Klasse sind. Das ist keine Schuldzuweisung, es gibt Gründe für alles. Aber auch keine Heiligsprechung.

Über allem steht der Spruch des Anaximander:

»Woher die Dinge ihre Entstehung haben, dahin müssen sie auch zugrunde gehen nach der Notwendigkeit; denn sie müssen Buße zahlen, und für ihre Ungerechtigkeiten gerichtet werden gemäß der Ordnung der Zeit.«

(Das ist die Nietzsche-Übersetzung, nachzulesen hier).


Hier Kostproben der angesprochenen Kommentare.

«Die Mehrheit der westlichen Intelligenzija wird ihrem völlig verdorbenen Ruf als erbärmliche, linke Salon-Rebellen gerecht und wendet sich derzeit mit Leidenschaft und Wortgewalt gegen den Staat der Juden. Weltweit zeigt ein blühender Antisemitismus seine furchterregende Fratze.»

(Laszlo Trankovits)

So, 19. November 2023,  TICHYEINBLICK.DE «Sieben Erkenntnisse nach dem 7. Oktober – Die Botschaft der Barbaren»

 

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JOUWATCH

Israel, du bist kein Monster!

«Israel kämpft um sein Überleben, […] Doch Menschen mit schwerem Dachschaden sind nicht nur hierzulande derzeit auf der Überholspur, die Besessenheit kennt keine Grenzen mehr. Ich hasse, also bin ich. Ein anschwellendes “Ja, aber…” lag wie fetter Smog in der Luft. Und dann knallten plötzlich alle Gullideckel hoch, und aus linken, rechten und islamischen Kellern quoll der stinkende Schleim des Judenhasses ins ganze Land.»

(Jürgen Stark)

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