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PASTA PARTISAN

Georg Dekas
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25. April 2022

Sie ist die „Pastasciutta antifascista“: Spaghetti mit Butter und geriebenem Parma-Käse. Ein Festessen in Kriegszeiten, wie die Fratelli Cervi bewiesen haben.

Der 25. April ist ein Feiertag des Staates in Italien. An den obligaten Gedenkfeiern (auch in Bozen) ist nur Berufspersonal zu sehen. Kein Volk. Der „Tag der Befreiung“ ist umstritten. Tatsächlich war Italien am 25. April 1943 noch zur Hälfte überzeugt faschistisch. Und bis Kriegsende tobte vor allem nördlich des Apennins ein lang verleugneter Bürgerkrieg unter Italienern.

Da tut es gut, einen menschenfreundlichen Beitrag in der „La Cucina Italiana“ zu lesen. Stefania Virone Vittor schreibt über die „Pastasciutta antifascista, il piatto per il 25 aprile“ (und damit zufällig über meine Lieblings-Schpògetler).

Stefania erzählt nicht nur von Nudeln. Nein, in Italien ist auch das Essen hochpolitisch. Wir lesen von den Fratelli Cervi (Hut ab!), aber auch vom berühmten Futuristen Marinetti (ideologisch auf der Gegenseite der Cervi), der in seinem „Manifesto della cucina futurista“den Italienern das Essen von Pasta austreiben wollte (und, sozial ausgewogen, auch das Essen mit Gabel und Messer!) Der „nationale“ Reis sollte den (damals schon aus der Ukraine importierten) teuren Weizen für die Pasta ablösen.

Der Fascho-Gastro-Ideologe Marinetti konnte allerdings dem blöden Volkstrieb selber nicht widerstehen. Als er im Mailänder „Biffi“ beim Nudelessen gesichtet worden war, schrieb man ihm den Spottvers hinterher: “Marinetti dice Basta! / Messa al bando sia la pasta / Poi si scopre Marinetti / che divora gli spaghetti!”.

Was ist nun die „Pastasciutta antifascista“? Spaghetti mit Butter und geriebenem Parma-Käse. Die Emilia Romagna der Armen. Das Festessen in Kriegszeiten. Ich würde sie den Cervi zu Ehren lieber Spaghetti Cervi nennen. Gleich. Bitte bei Stefania die Zubereitung studieren. Auch diese zeigt, warum die einfachste Küche immer auch die höchste Küche ist.

Was verrät der Essen & Politik-Artikel von Stefania zum „Tag der Befreiung“ noch? Nun, dass der 25. April nicht der wahre Tag ist, der die ‚Pasta Cervi‘ zu Recht beehrt: Es ist der 25. Juli, auf den Stefania deutlich verweist. Als nämlich Benito Mussolini in Rom gestürzt worden war, am 25. Juli 1943, da karrten die Gebrüder Cervi 380 Kilo Pasta auf die Piazza ihres Heimatdorfes Campegine, nachdem sie zuvor (auf Kredit) genügend Butter und Käse in der örtlichen Sennerei erworben hatten, und veranstalteten ein Riesenfreudenfest. Schon im November 1943 fielen die sieben Cervi-Brüder im italienischen Bürgerkrieg – an die Wand gestellt von ihren eigenen Landsleuten.

Also, das Menü für den 25. Juli steht.  Sicher nicht ein Risotto der Futuristen.

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