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WENN MÄDCHEN MORDEN

Georg Dekas
|
17. März 2023

Es sind nicht Kinder und es sind nicht Buben. Es sind Mädchen, die sich stylen, am Smartphone kleben und …morden.

Diese Vorstellung lähmt uns alle, sagt ein Psychiater in der Zeitung. Ein anderes Blatt titelt: ‚Wenn Kinder morden‘. Nein, es sind nicht einfach ‚Kinder‘, wie die rosa Wolke jetzt versucht, Geschlecht und Verantwortung zu verhüllen. Nein, was geschieht und sichtbar wird, es darf uns nicht lähmen. Wer bei Verstand ist und die Augen nicht auf die Seite dreht, sieht die Welle des Bösen schon seit Langem auf uns zu walzen. Wie ein Tsunami in Zeitlupe.

Die, wenn auch sehr, sehr jungen Mädchenmörderinnen von Freudenberg sind die extreme Spitze einer Welle. Die Chronik ist voll von Messermorden, Elternmorden, Automorden, verübt von blutjungen Menschen, in einer offensichtlich beschleunigten Frequenz. Das Grauen kommt nicht aus dem Nichts. Wodurch das ungeheuerliche Tiefseebeben der jugendlichen Gewalt ausgelöst wird, ist eigentlich kein Geheimnis. Nur will es niemand benennen. Weil sonst die ganze neuwestliche Libertinage – also unsere aktuelle Lebensführung – zusammenkracht. Vor allem müsste die Art, wie unsere Kinder erzogen, oder besser nicht (mehr) erzogen werden, Bankrott anmelden. Im Wesentlichen geht es um Mütter, Männer und die Macht der Videos.

Mag jetzt aufjaulen wer will, die Evidenz ist da und muss nicht eigens belegt werden. Fünf Gründe hinter den Erscheinungen:

    • Die Familien sind heute zu klein und zu zerrissen, um Kinder gut zu betreuen. Es wachsen die Extreme: Fernsteuernde Trimm-Dich-Eltern hier, hartzig-sozialer Verfall dort.
    • Fiktionale Gewalt wird tonnenweise frei Bildschirm geliefert. Die Verweildauer in virtuellen Welten hat mit dem Smartphone exponentiell zugenommen. Je jünger, desto schwerer ist es, die Grenze zu ziehen zwischen Fiktion und Realität. Irgendwann entsteht der Funke, real zu wollen und zu tun, was man in der ewig aufpeitschenden Film- und Videowelt unter starken Gefühlen unecht ‚erlebt‘. 
    • Als Nächstes herrscht bei der Verhaltenssteuerung von  Heranwachsenden eine ganz und gar unnatürliche Ächtung – selbst kleinster – körperlicher Anstöße, bei gleichzeitigem verbalen Überdruck. Ein Kind muss sich heute stundenweise Erklärungen und Moralpredigten anhören, wo es ein Klaps auf den Hintern hochwirksam, instant und psychisch garantiert nebenwirkungsfrei täte. 
    • Irgendwann muss der Kopf frei werden: Dieses Motiv für jugendliche Gewalt wird nie oder nur ganz selten genannt, weil sonst die Verursachung der Verkopfung von Kindern und Jugendlichen zu offensichtlich wäre: durch oft abwesende, überkompensierende Eltern, durch die Dauerbeschallung der Schule und durch permissive Medien. 
    • Zuletzt aber nicht zumindest wissen alle, die mit dem Bösen flirten oder in es hinein gezogen werden, dass keine schnellen oder gar kapitale Strafen zu befürchten sind. Man gutachtet hin und her, weist in die Psychiatrie ein, gibt irgendwann Strafminderung und fertig. Dass danach Zombies in der Gegend herum irren und die Opfer keine Sühne finden, scheint das System nicht zu stören.

 

Familie muss Schutzwall sein

 

Nein, eine Herabsetzung der Strafmündigkeit ist nicht die Lösung, so wie das Rechtssystem überhaupt in dieser Sache erst zum Schluss kommt. Die willentliche, oft auch erzwungene Zerstörung der Familie muss aufhören. Dreh- und Angelpunkt sind die Kinder. Die Familie ist ihr Schutzwall. Dieser Wall verträgt keine größeren Löcher. Wenn die Mutter und noch ein paar Bezugsleute ständig um das Kind herum sind, dann hat kein Video und kein Teufel und keine sonstige Verführung Macht über das Kind. Wenn dieser menschliche Mindestschutz nicht möglich ist, stehen alle anderen Maßnahmen auf tönernen Füßen. Wenn die Politik nicht imstande ist, diesen Umschwung durch eine kluge Gesetzgebung Marke „Schutzwall“ herbeizuführen, dann setzt sich der an den Morden sichtbare Kulturwandel fort – und dann ist der Klimawandel im Vergleich dazu eines unserer kleineren Probleme.

 

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Zitat 01

«Mord als Überdruckventil – Inzwischen dürfen sich die Gestalter von Politik und Medien die Frage stellen, inwieweit die ungehemmte Todeslust im Geschauten in Verbindung mit der strengsten Ächtung von Gewalt im Alltag nicht eben genau zu der Art von Mordtat führen, die wir so wortreich beklagen. Fast jeder von uns könnte selber Opfer oder Täter werden, wenn aufbricht, was dem unsichtbaren Überdruck nicht mehr standhält.»

(Georg Dekas, aus «Mord und Medien» vom 07.03.2021)

 

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Zitat 02

«Niemand kann abstreiten, dass fiktive Morde und Horror zu den tagtäglichen Produkten unserer westlichen Kulturindustrie gehören. Filme und Videos, in deren Handlungsmittelpunkt ein Mord oder eine ganze Mordserie stehen, gibt es vieltausendfach, und jede Woche werden es mehr. Sie sind Kindern ebenso zugänglich wie auch die perversesten Horrorfilme, gegen die eine frühere Fahrt mit der Geisterbahn auf Rummelplätzen ein an Harmlosigkeit nicht überbietbares Erlebnis war.»

(Wolfgang Hübner in PI-NEWS am 15.03.2023) 

 

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