Der Presseklick geht in die Sommerpause. Die Kobold-Wolke am Himmel freut sich mit einem teuflischen Grinsen. Zeit für eine Bilanz
Das Format
Geboren ist der Presseklick bei der Gründung des Onlineportals „Unser Tirol 24“. Täglich sollten die Hauptartikel auf den Titelseiten der heimischen Zeitungen mit einem ironisch-bissigen Kommentar versehen und in einer eigenen Rubrik veröffentlicht werden. Das Format hat glänzend geklappt.
Die Mission
Die systematische Reihung der Tagesschlagzeilen aus allen vier Tiroler Landesteilen sollte von der Idee her in Erinnerung rufen, dass Tirol mehr ist als nur das Bundesland Tirol oder die Autonome Provinz Bozen Südtirol oder das vergessene Osttirol oder das italienische Trentino.
Erkenntnis: Tirol lebt sich auseinander
Ich mache den Presseklick nun schon bald neun Jahre lang jeden einzelnen Tag. Seit Gründung von NUIS auch doppelt. Zuletzt habe ich mich darauf beschränkt, je eine konservative Zeitung pro „Bundesland“ von Tirol anzuführen. Das sind: TT, Dolomiten, L’Adige der Osttirol-Teil der Kleinen Zeitung (Graz). Das Nebeneinanderstellen der Schlagzeilen hat im langen Lauf gezeigt, dass in den vier Landesteilen radikal verschiedene Rezeptionen der Realität vorherrschen. Von daher erbringt der Presseklick ein starkes Indiz, dass die viel beschworene geistige Landesheinheit Tirols (nachdem die politische verloren gegangen ist) ebenso dabei ist, den Weg alles Irdischen zu gehen.
Die Eigenheiten der Blätter
Beim Welschtiroler „L’Adige“ ist Italia das alles durchdringende Leitmotiv – bei allem Bemühen um alpine Regionalität. Die Tiroler Tageszeitung (TT) wiederum gibt eine tirolische Realität wieder. Diese unterscheidet sich erheblich von der Südtiroler Realität der „Dolomiten“, und das nicht nur wegen der getrennten Staatlichkeit. Das beginnt bei Feiertagen und Brauchtum, die von der Druckausgabe der TT getreulich ganz oben stehen (im Unterschied zu ihrer jüngeren, boulevardesken Netzausgabe) , und geht hinein bis in die tagespolitischen Fragen. Die Wolfsplage ist da noch der größte gemeinsame Nenner, bei der und Transitplage schon nicht mehr so ganz. Osttirol ist im Lokalteil der Kleinen Zeitung abgebildet. Das kann vom kleinen Berichtskreis und vom Format her nicht mit den großen Zeitungen mithalten, schildert dafür umso herzlicher die Lebensrealität in den Lienzer Dolomiten. Ein unverfälschtes Tirol, so der Eindruck.
Der D-A-CH-I-Teil
Die täglichen Nuis (News) aus unserem deutschen und italienischen Kulturraum werden im Presseklick (fallweise) durch die Titelseiten folgender Medien abgebildet: Krone, OE24 und der Blog TKP für Österreich, Weltwoche für die Schweiz, BILD für Deutschland, La Verità/Libero/Il Giornale/Corriere/Fatto für Italien. Der wählerische Wechsel zwischen den Italien-Blättern ergibt sich daraus, dass die innenpolitischen Themen Italiens nicht auf dem Speisezettel vom Presseklick stehen.
In den Österreich- und Schweizer Zeitungen zeigt sich der machtvolle Einfluss bundesdeutscher Realitäten und Narrative. Bei den deutschen Zeitungen wiederum ganz analog jene der US-Kulturhegemonie, auch in Sprache und Parteilichkeit. Da sticht besonders die BILD als grelles Propagandablatt hervor, während die Weltwoche tapfer gegen den Strom schwimmt und der vorzügliche Blog TKP wiederum ganz eigene Wege geht.
Sehr interessant sind die italienischen Zeitungen, allen voran die Verità. Trotz ihres notorischen und manchmal störenden Nationalismus kann man feststellen, dass die italienischen Zeitungen das Gras früher und schneller wachsen sehen und hören als alle anderen.
Kreative Pause
Die Wenigen, die meinen Südtiroler Blog NUiS („Neues“) verfolgen, wissen, dass ich gerne experimentiere. Ich werde die Sommerpause dazu nützen, die Presseschau wieder mehr in eine krtitische Medienschau zu überführen, in der ein Knoten im Vordergrund steht (ich vermeide das Wort „Thema“), mehr als die schematische Auflistung von Schlagzeilen. Schaumermal was herauskommt.