Ausschnitt aus Porträt Bischof (c) Diözese BZBX

DIE KAPITULATION DES BISCHOFS

Georg Dekas
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13. September 2025

Die Kirche hat sich schwach gemacht. Umkehr ist jederzeit möglich.

Noch gestern schreibe ich zum Fall Don Carli, und schon heute finde ich einen „offenen Brief“ von Bischof Ivo Muser in der Zeitung. In diesem Schreiben an seine „Mitbrüder“ und alle „Pilger und Pilgerinnen der Hoffnung“, wie er die Kirchengläubigen nennt, legt sich der Bischof das Büßergewand an und stellt sich selbst als Vollblinden hin, der von Irrtum zu Irrtum tappt („hätte sehen müssen“). Wäre der Bischof ein Fahrschüler, müsste er in tausend Jahren noch auf seinen Führerschein warten.

Das Fehler-Eingeständnis seiner Exzellenz ist eine Kapitulation vor dem Zeitgeist. Verfasst in einer gestelzten akademischen Sprache, die nur Soziologen, Politologen, Genderprofessorinnen und Psychologen verstehen mögen, ganz sicher nicht die Leute, zu denen Jesus („Ich bin der Weinstock“) in kräftigen, einfachen Worten redet.

Er tut mir leid, der Herr Bischof. Da opfert sich jemand für andere auf, ein Leben lang, um dann von einer pharisäischen Pressemeute wie eine Habergeiß durchs Dorf gejagt zu werden. Wie großartig die Zeiten, als die Kirche den Leuten sagte, was zu tun sei. Wie schwach und unwürdig das Verhalten der Kirche jetzt und in diesem Fall, wenn sie vor Neuheiden und emotional aufgepeitschen Wichtig-Weibern in die Knie geht.

Längst geht es nicht mehr um das angebliche Verbrechen eines Einzelnen (das stichfest nie bewiesen wurde). Der Bischof opfert einer intellektuellen Lynchjustiz durch ein „mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa“. Er, der als Priester Beichtlingen klar verständliche Bußen auferlegt, stellt  in diesem Fall, wo es um Führung geht, die Auferlegung der Buße nicht nur seinen Leuten anheim, sondern auch den bescheidenen Geistern in Pfarreien und Redaktionen. Ein Blankoscheck für die Pressehatz.

Es wäre falsch, die geölten Worte des Bischofs als persönliche Schwäche zu deuten. Im Gegenteil, es braucht Stärke für eine so starke Selbsterniedrigung. Was beim Bischof von Bozen durchbricht, das ist der falsche Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils, die Lehre von Papst Johannes den 23., der glaubte, die Kirche „people-friendly“ machen zu müssen. Als wären ewiger Geist und Vergebung der Sünden ein Supermarkt mit gratis Eintritt und Sonderangeboten an jeder Ecke. Nein, die Kirche ist kein Verein, wo nach Gusto, Parteien und Stimmenmehrheiten abgestimmt wird; die Kirche ist keine NGO mit politischer Moralpropaganda à la Greta, Luise oder Liesl.

Im Mittelalter fanden Verbrecher und vom Staat Verfolgte Asyl hinter Kirchenmauern. Heilige Ordensleute besuchten Leprakranke. Welch ein Mut! Alles weg. Von 2020-2023 sperrt die Kirche Kirchenbänke mit Spagat ab, weil sonst Leute an einer neuartigen Grippe hätten erkranken können, und geißelt jene, die sich dem Diktat des Staates nicht beugen und sich das eigene Erbgut nicht manipulieren lassen wollen.

Die römisch-katholische Diözese Bozen Brixen ist – der Vatikanischen Doktrin und den gefälligen Begriffsverdrehungen des Zeitgeistes folgend – auf dem Weg in die Beliebigkeit, folglich in die Bedeutungslosigkeit. „Fans“ wird sie immer haben, diese besondere Art von Nabel-Beschau, aber es fehlt der allgemeine Respekt, den das Volk nur dem entgegenbringt, der es mit klaren Worten anführt und sagt, wo es lang geht. Das einzig Gute an diesem Befund ist: Umkehr ist jederzeit möglich.

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