Aus der Hl. Schrift: Lot und seine Töchter (c) Frans Floris 1550

DER FALL DON CARLI

Georg Dekas
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12. September 2025

Kirche, jage selber deine Täter zum Teufel. Oder verteidige sie mit Zähnen und Klauen. Beides tust du nur halbherzig. Es gewinnen die Koyoten.

In der Bozner Pfarre Don Bosco gibt es im Jahr 1989 den Priester Don Giorgio Carli. In der Pfarre Pio X. hält er Kommunionsvorbereitungskurse. Dabei soll er unter Einsatz seiner evangelischen Autorität ein 9jähriges Mädchen gefügig gemacht und es mehrfach vergewaltigt haben.

Nach einigen Jahren wird der Priester angezeigt. Das Gericht spricht ihn frei mit der Begründung: „il fatto non sussiste“. Das ist im Jahr 2006. Die Diözese zeigt sich erleichtert.

Dem gegenüber erzählt der Aktivist eines Vereins gegen den Mißbrauch von Priestern der Presse im Jahr 2012: Der beklagte Don Carli habe dem Mädchen seinen Penis gezeigt. Das Mädchen hätte u.a. nach einer gewaltsamen Penetration blutverschmiertes Papiertaschentücher zuhause heimlich ins Klo spülen müssen.

Die Kläger gehen in die 2. Instanz. Das Bozner Oberlandesgericht urteilt auf schuldig. Die Beklagten gehen vor den Kassationsgerichtshof in Rom, die letzte Instanz. Rom urteilt auf nicht schuldig, weil das in Frage stehende Verbrechen jenseits der Verjährunsgfrist liegt. Das Höchstgericht gesteht der klagenden Partei eine bedeutende Schadensvergütung zu.

Die auch ausgezahlt wird – nicht von der Diözese, aber „von Dritten“, wie das RA Wastl bei der Pressekonferenz zum „Mißbrauchsbericht“ sagt – eine Untersuchung, von der Diözese Bozen Brixen in Auftrag gegeben und von ebendiesem Rechtsanwalt aus München in Bozen der Öffentlichkeit vorgestellt („Fall Nr. 16“ – Don Carli).

Anfang September 2025 beruft Bischof Ivo Muser den Priester Don Carli zum Seelsorger in Innichen. Es bricht ein Proteststurm los. Man fordert den Rücktritt des Bischofs. Eine Online-Petition sammelt schnell 15.000 Stimmen. Die lokalen Linksmedien agitieren schäumend. Die Tribuszeitung als erste Chorstimme, Salto bringt eine Kienzl-Kolumne, am Do. 11.09. zieht das Wochenmagazin  „ff“ die Geschichte groß auf. Der „prete pedofilo“ ist Schlagzeile in ganz Italien.

Moraltheologe Linter spricht zur Verteidigung des Bischofs von einer „unseriösen“ Petition. Bischof Muser ergibt sich dem medialen Zorn. Don Giorgio Carli wird seine Stelle in Innichen nicht antreten.

Was ist von Alledem zu halten? Sexueller Mißbrauch von Kindern unter dem Mantel der elterlichen, staatlichen oder religiösen Autorität ist gewiß eines der abscheulichsten Verbrechen überhaupt. Entsprechend hart und unmittelbar sollte die Sühne ausfallen, sobald das Verbrechen zweifelsfrei von einem unbhängigen Gericht bestätigt ist.

Im Falle von Don Carli ist das erste und unmittelbar urteilende Gericht zu einer klaren Erkenntis gelangt: Der Tatbestand des sexuellen Verbrechens existiert nicht („il fatto non sussiste“). Die nächsten Instanzen mögen unter dem Druck der öffentlichen Meinung gestanden haben. Zweifelsfrei und lupenrein ist das Letzturteil auch nicht.

Nun mag Don Carli schuldig sein oder nicht. Tatsache ist, dass es einen medialen Furor gibt, sobald zwei Worte öffentlich kurzgeschlossen werden, nämlich „Kirche“ und „Mißbrauch“. Da werden plötzlich Leute aktiv und fuchsteufelwild, die längst ungläubig sind und Kirchen von innen nur sehen, wenn sie auf Kunstführungen mitgehen. Das sind die Leute, die sonst bei jeder Gelegenheit die Trennung von Kirche und Staat beklatschen, beim Mißbrauch in der Kirche aber so tun, als wären sie die Intimusse und die Höchstrichter in diesem Verein.

Besonders geschmacklos (bitterbös sowieso und arrogant wie gewohnt) schreibt Frau Kienzl auf „Salto“, indem sie den „Oberhirten“ Bischof Muser als Null hinstellt, als Deppen, der nicht das Zeug habe, seine Diözese zu leiten. Solche Verwünschungen nach dem spätpubertären Strickmuster ‚Alle sind blöd nur ich nicht‘, gemixt mit extremfeministischer Moralinsäure, sind rundherum ungenießbar – selbst wenn sie sich gegen einen Bischof Muser richten, der, wir erinnern uns, die vermaledeite Covid-Genspritze als Werk der Nächstenliebe zu preisen wusste.

Es ist letzlich unverständlich, warum die Kirche bei Covid den Wachhund für Herrchen Staat markiert und sich bei den vielfach widersprüchlichen, doppelbödigen und vielleicht unvermeidlichen Mißbrauchsfällen von ein paar jaulenden Koyoten in das Unterholz der Triebtäter jagen lässt. Kollektivschuld inklusive.

Wer dann zur Selbsterniedrigung durch Wastl & Co. auch noch 860.000 Euro ausgibt, zeigt eine seltene Form des Masochismus, der im Talar wohl besser gedeiht als anderswo. Kirche, jage selber deine Täter zum Teufel. Oder verteidige sie mit Zähnen und Klauen. Beides tust du nur halbherzig. Es gewinnen die Koyoten.

 

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